Fachstellungnahme
1. Fachstellungnahme des 46. FJT zu strukturellen Problemen bei der Rechtsdurchsetzung
„Das Recht steht im Schaufenster – kaufen muss man es können!“ (Malin Bode) Frauen begegnen bei der Rechtsdurchsetzung vielen Hindernissen, von fehlenden Informationen über die Kosten und Individualisierung gesellschaftlicher Probleme bis zu fehlenden Diskriminierungsbewusstsein.
Ausbildung: Die Verknüpfung von Fachrecht, Art. 3 GG, Unionsrecht und CEDAW muss in der Ausbildung gestärkt werden. Legal Clinics helfen beim Erwerb der Kenntnis der Rechtsrealitäten und müssen daher gefördert werden.
Fortbildung: Richter*innen brauchen ein besseres Verständnis der Rechtsrealität und sollten daher vor der Richter*innentätigkeit zunächst fünf Jahre in der Rechtspraxis arbeiten. Außerdem muss es verpflichtende Fortbildungen zu Antidiskriminierungsrecht und typischen Rechtsdurchsetzungshindernissen für Frauen* geben.
Prozessrecht: Wir fordern die Einführung eines Verbandsklagerechts im AGG, um die Individualisierung als strukturelles Mobilisierungshindernis aufzubrechen.
2. Fachstellungnahme des 46. FJT zu strukturellen Problemen im familiengerichtlichen Verfahren
Alle Familienrichter*innen sind zur Aus- und Weiterbildung im Sinne des § 23b Abs. III GVG zu verpflichten. Dies muss sich insbesondere auf den Schutz vor schlechtsbezogener Gewalt im Sinne der Istanbul-Konvention beziehen.
3. Fachstellungnahme des 46. FJT: Brauchen wir ein digitales Antidiskriminierungsrecht?
Materiale Gleichheit muss auch in der Datenverarbeitung verwirklicht werden. Wir müssen uns von einem individualisierenden Verständnis informationeller Selbstbestimmung lösen und informationelle Selbstbestimmung zurück in die Gesellschaft holen.
Der individualisierende Rechtsschutz reicht hierzu nicht aus. Strukturelle Diskriminierungslagen, die als gesellschaftliche Datenbias in datenbasierten algorithmischen Systemen rationalisiert werden, können nicht von einer einzelnen Person aufgebrochen werden.
Die Rechtsdurchsetzung subjektiver Rechte muss daher kollektiviert, institutionalisiert werden und ex-ante erfolgen.
Es braucht (ex-post) Verbandsklagerechte; (ex-ante) externe (!) Technikfolgeabschätzungen; bestehende Gleichstellungsinstitutionen und Datenschutzbehörden müssen gestärkt werden – mit Eingriffsrechten, Personal und Finanzierung.
Es braucht Verbote. Datenbasierte algorithmische Systeme erkennen Muster keine Einzelfälle. Es ist nicht sinnvoll datenbasierte algorithmische Systeme zu nutzen, um Einzelfallentscheidungen zu treffen.
Datenbasierte algorithmischen können hingegen gesellschaftliche, strukturelle Diskriminierungslagen statistisch genau abbilden. Deswegen sollten sie genutzt werden, um Institutionen zu auditen und die Institutionen strukturell zu verändern.
Datenbasierte algorithmische Systeme sind gesellschafts(mit)gestaltend.
Über ihre Entwicklung und Anwendung sollten wir demokratisch entscheiden und nicht nur diejenigen mit Zugang zu Daten und Dateninfrastruktur entscheiden lassen.
4. Fachstellungnahme des 46. FJT zum Schutz vor digitalisierter Gewalt gegen Frauen* in der anwaltlichen Praxis
Wir fordern, dass schon im Ermittlungsverfahren wegen digitaler Gewalt zum frühestmöglichen Zeitpunkt eine Belehrung der Anzeigeerstattenden und Zeug*innen erfolgt über die Möglichkeit, eine c/o-Adresse anzugeben, und dass dieses aktenkundig gemacht wird.
5. Fachstellungnahme des 46. FJT: Feministische Klimaklagen: Grundlagen, Prozessgestaltung und Ideen
Der Klimawandel und seine Auswirkungen sind geschlechterspezifisch, wirken intersektional und betreffen Frauen, trans-, inter- und nicht-binäre Personen überproportional. Der zuletzt veröffentlichte 6. Sachstandsbericht des IPCC macht deutlich, wie sich bestehende Ungleichheitsverhältnisse in die Resilienz gegenüber negativen Auswirkungen des Klimawandels einschreiben und geschlechterspezifische Vulnerabilitäten hervorbringen.
Weltweit gesehen ist der globale Süden besonders stark von Erderwärmung betroffen. Häufig fehlen die nötigen Mittel für adäquate Klimaanpassung. Die Bedohung von Lebensgrundlagen ist genderspezifisch und wird immer akuter. Gerade wo Lebensgrundlagen gefährdet sind – etwa durch Dürre oder Überschwemmungen -, sind Flucht und Migration wesentliche Anpassungsstrategien. Auf der Flucht selbst aber auch während anhängiger Asylverfahren sind Frauen, trans-, inter- und nicht-binäre Personen überproportional durch (sexualisierte) Gewalt gefährdet. Aber auch in Europa zeigt sich die ungleich verteilte Resilienz, etwa in der erhöhten Gesundheitsgefahr, die Hitzewellen für (ältere) Frauen darstellen.
Das deutsche Bundesverfassungsgericht hat mit dem Beschluss des Ersten Senats vom 24. März 2021 (1 BvR 2656/18) hervorgehoben, wie das „Klimaschutzgebot vom Staat (…) international ausgerichtetes Handeln zum globalen Schutz des Klimas [verlangt] und [ihn] verpflichtet, im Rahmen internationaler Abstimmung auf Klimaschutz hinzuwirken.“ Das Abkommen von Paris hält die unterzeichneten Staaten an, „das Recht auf Entwicklung sowie die Gleichstellung der Geschlechter, die Stärkung der Rolle der Frau [zu] achten, fördern und berücksichtigen“. Effektive Strategien und Maßnahmen zur Abmilderung und Anpassung an den Klimawandel müssen international und geschlechtergerecht ausgestaltete sein.
Klimapolitik und -wissenschaft sind durchzogen von vergeschlechtlichten Macht- und Hierarchieverhältnissen. Sie beeinflussen die Frage nach den Ursachen sowie die Suche nach sowie die Narrative zu Lösungen für die Klimakrise. Perspektiven von Frauen trans-, inter- und nicht-binären Personen finden bisher bei der auch rechtlichen Begegnung der Bewältigung der Klimakrise zu wenig Berücksichtigung. Das betrifft die rechtliche Regelung des Klimaschutzes etwa im Klimaschutzgesetz, hat aber ebenso Bedeutung für mittelbar angesprochene Rechtsbereiche wie das Asyl- und Migrationsrecht oder das Lieferkettensorgfaltsgesetz.
Wir fordern, dass für die Umsetzung des Paris-Abkommens und für die Erreichung der Klimaziele im und durch Recht eine intersektionale Perspektive auf Geschlecht eingenommen wird. Dies erfordert zunächst eine Identifizierung der hierfür relevanten Themen. Hierzu könnte etwa ein nationaler Gender-Action-Plan für die Klimapolitik gehören.
Wir fordern, die für Flucht und Migration zuständigen staatlichen Institutionen als ersten Schritt für klimaspezifische Schutzpflichten zu sensibilisieren, insbesondere im Bereich des Refoulmentschutzes. Auch hier sind Frauen, trans-, inter- und nicht-binäre Personen auf der Flucht und während des Asylverfahrens effektiv vor Gewalt zu schützen.
Wir fordern, dass die vergeschlechtlichten Auswirkungen von Lieferketten für die gründe Transformation der Wirtschaft, z.B. Energiewende, rechtlich Berücksichtigung finden, z.B. über das Lieferkettensorgfaltsgesetz. Schon heute kommt es entlang von Lieferketten zu Verletzungen von umweltbezogenen Menschenrechten, die Frauen ungleich härter treffen.
6. Fachstellungnahme des 46. FJT: Gewalt und Belästigung in der Arbeitswelt – das ILO-Übereinkommen 190
Wir fordern die Bundesregierung auf, das Übereinkommen Nr. 190 der Internationalen Arbeitsorganisation über die Beseitigung von Gewalt und Belästigung in der Arbeitswelt von 2019 umgehend zu ratifizieren.
7. Fachstellungnahme des 46. FJT: Regelungskonzepte zum Schwangerschaftsabbruch feministisch denken
Im Anschluss an die Resolution des 45. Feministischen Juristinnentags zur ersatzlosen Streichung der §§ 218 ff. StGB (in STREIT 2/2019, S. 93) fordern wir, dass:
- in der Ausbildung / dem Studium zu medizinischen Berufen die Möglichkeit gefördert wird, sich mit der Thematik Schwangerschaftsabbruch aus medizinischer und medizinethischer Sicht auseinanderzusetzen.
- in der gynäkologischen Weiterbildung die Aufklärung über und die Befähigung zum Schwangerschaftsabbruch als verpflichtend eingeführt wird.
Resolutionen
1. Resolutionen des 45. FJT zum Abtreibungsrecht
Wir fordern die ersatzlose Streichung der §§218 ff StGB.
Schwangere haben ein Recht auf Abtreibung.
Der Staat ist verpflichtet, die Wahrnehmung dieses Rechts zu ermöglichen.
Hierzu gehören auch die umfassende Information, das Recht auf freiwillige Beratung, die Kostenübernahme und die Gewährleistung einer bedarfsorientierten Infrastruktur.
Als Vorbild kann die seit 1975 geltende französische Regelung im Gesundheitsrecht dienen.
2. Resolutionen des 45. FJT zum Schutz vor Diskriminierung aufgrund der Geschlechtsidentität
anlässlich des „Referentenentwurfs eines Gesetzes zur Neuregelung der Änderung des Geschlechtseintrages“ des BMJV und BMI vom 8.Mai 2019
Der FJT fordert die Bundesregierung auf, unverzüglich und mit allen geeigneten Mitteln gegen jede Form der Geschlechtsdiskriminierung aktiv zu werden. Dies umfasst auch die Diskriminierung durch Nicht-Anerkennung der Geschlechtsidentität und durch medizinische oder rechtliche Fremdbestimmung in Fragen der Geschlechtsidentität bis hin zu extrem schädigenden Operationen an Säuglingen und Kleinkindern, welche nicht einer binären Geschlechternorm entsprechen.
Der am 8. Mai 2019 veröffentlichte Referent*innenentwurf des BMJV und des BMI zur Neuregelung des Geschlechtseintrags wird dieser Verpflichtung nicht gerecht. Im Gegenteil bleibt er weit hinter den verfassungs- und menschenrechtlichen Standards zum Schutz von Trans*- und Inter*-Personen vor Diskriminierung zurück. Weder die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (zum TSG, zur sog. Dritten Option) noch einschlägige rechtliche Expertise noch die menschenrechtlichen Vorgaben (UN-Frauenrechtskonvention, UN-Anti-Folter-Konvention, UN-Kinderrechtskonvention,UN-BehindertenrechtskonventionEMRK) werden beachtet.
Der FJT fordert die beteiligten Ministerien auf, den Referent*innenentwurf vom 8. Mai 2019 zurückzuziehen und unverzüglich unter umfassender, angemessener Beteiligung der Selbstorganisationen von Betroffenen einen verfassungs- und menschenrechtskonformen Entwurf vorzulegen.
Fachstellungnahmen
1. Fachstellungnahme des 45. FJT zur Neuregelungen im Sexualstrafrecht
1. Der Feministische Juristinnen*tag begrüßt, dass der Gesetzgeber mit dem 50. Strafrechtsänderung zur Verbesserung des Schutzes der sexuellen Selbstbestimmung vom 4. November 2016 die „Nein-heißt-Nein“-Lösung gesetzlich verankert hat.
2. Der Feministische Juristinnen*tag fordert, dass die Anwendung der Neuregelungen evaluierend begleitet wird, um insbesondere die Umsetzung in der Praxis zu beobachten.
3. Der Feministische Juristinnen*tag fordert, dass die Bundesregierung die konkrete Ausgestaltung der Tatbestände der §§ 177, 184i, 184j StGB kritisch überprüft. Anhaltspunkte für Unstimmigkeiten finden sich etwa im Abschlussbericht der Reformkommission zum Sexualstrafrecht. Diese sollten nicht ungenutzt verhallen, sondern aufgegriffen und diskutiert werden.
4. Der Feministische Juristinnentag fordert, den § 184j StGB (Straftaten aus Gruppen) ersatzlos zu streichen. Die Vorschrift ist verfassungsrechtlich bedenklich und aus rechtstaatlicher Sicht nicht akzeptabel.
5. Der Feministische Juristinnentag fordert, dass Richterinnen und Richter sowie Staatsanwältinnen und Staatsanwälte im neuen Sexualstrafrecht geschult werden, wobei Schulungen auch in Bezug auf andere Rechtsgebiete verpflichtend sein müssen.
6. Der Feministische Juristinnentag fordert, dass die Neuregelungen insbesondere bei Frauen hinreichend und niedrigschwellig bekannt gemacht werden und Hürden, die einer Anzeige entgegenstehend, abgebaut werden.
7. Der Feministische Juristinnentag fordert, dass das Sexualstrafrecht den Studierenden in den Universitäten als Lehrfach auf freiwilliger Basis angeboten wird, aber kein Prüfungsstoff wird.
2. Fachstellungnahme des 45. FJT zum „Referentenentwurf eines Gesetzes zur Neuregelung der Änderung des Geschlechtseintrages“ des BMJV und BMI vom 8.Mai 2019
Wenn Menschen in ihrer geschlechtlichen Identität nicht anerkannt werden, sondern Medizin und/oder Behörden über diese höchstpersönliche Frage entscheiden, stellt dies eine tiefgreifende Diskriminierung auf Grund des Geschlechts dar. Der am 8. Mai 2019 veröffentlichte Referent*innenentwurf des BMJV und des BMI zur Neuregelung des Geschlechtseintrags beendet diese Diskriminierung nicht, sondern bleibt weit hinter den verfassungs- und völkerrechtlichen Standards zurück. Weder die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (zu Reichweite und Bedeutung von Persönlichkeitsrecht, Menschenwürde und Verbot der Geschlechtsdiskriminierung), noch einschlägige rechtliche Expertise noch die menschenrechtlichen Vorgaben (UN-Frauenrechtskonvention, UN-Anti-Folter-Konvention, UN-Kinderrechtskonvention, UN-Menschenrechtskonvention) werden beachtet.
Der Gesetzesentwurf schreibt überkommene biologistische und binäre Stereotype fort und erhebt sie zu Zugangsvoraussetzung zu Grundrechtspositionen.
In einer Fachstellungnahme des 44. FJT wurde bereits beschlossen, dass die Eintragung oder Änderung des Geschlechtseintrags allein auf Grund der Selbstidentifikation möglich sein muss.
Dabei bleiben wir. Die Änderung des Geschlechtseintrages darf nicht von Gerichtsverfahren, Gutachten, Zwangsberatungen, oder Nachweisen über die körperliche Beschaffenheit abhängig sein, da mit solchen Verfahren stets eine Pathologisierung einher geht. Weiterhin ist von einer vorgeschriebenen Einbeziehung von Dritten, wie Ehegatt*innen, in das Verfahren, abzusehen.
Wir fordern die beteiligten Ministerien auf, unverzüglich einen verfassungskonformen Entwurf vorzulegen, mit dem die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (zum TSG, zur sog. Dritten Option) und die menschenrechtlichen Vorgaben beachtet werden und bei dem die Selbstorganisationen der Betroffenen von Geschlechtsdiskriminierung angemessen einbezogen werden. Hierzu gehört eine ausreichende Möglichkeit zur Stellungnahme für Verbände sowie eine ausführliche Begründung grundrechtsrelevanter Regelungen.
Wenn die Anerkennung von Geschlechtsidentitäten und der Schutz vor Geschlechtsdiskriminierung geregelt werden sollen, gehört die Durchsetzung des Verbots geschlechtsnormierender Operationen an Minderjährigen dazu. Die brutalste Form der Durchsetzung einer binären Geschlechterordnung sind die extrem schädigenden geschlechtsnormierenden Operationen an Kleinkindern. Sie zerstören körperliche Integrität, Lebensfreude, sexuelle Selbstbestimmung und reproduktive Möglichkeiten. Diese gegen Grund- und Menschenrechte sowie zivil- und strafrechtliche Normen verstoßende Praxis ist sofort mit allen geeigneten Mitteln wirksam zu unterbinden.
Der FJT fordert die beteiligten Ministerien auf, den Referent*innenentwurf vom 8. Mai 2019 zurückzuziehen und unverzüglich einen Gesetzentwurf vorzulegen, welcher die Anerkennung von Geschlechtsidentitäten und den Schutz vor Diskriminierungen umfassend und im Einklang mit Grundgesetz und menschenrechtlichen Verpflichtungen der Bundesrepublik regelt.
3. Fachstellungnahme des 45. FJT zu barrierefreier Zugang zu Recht
Die Arbeitsgemeinschaft fordert:
Die Sensibilisierung von Jurist*innen in ihrem jeweiligen beruflichen Kontext im Umgang mit einer divers zusammengesetzten Gesellschaft, insbesondere mit Menschen mit Behinderungen. Hierbei ist die Situation von Frauen und Mädchen mit Behinderungen bei Gewalt in Nahbeziehungen und sexualisierter Gewalt besonders zu berücksichtigen.
Die Öffnung des Regelsystems für von Gewalt betroffenen Frauen und Mädchen mit Behinderungen. Dazu zählt vor allem der Abbau von Hürden bei Polizei, Justiz, Beratung, Schutzeinrichtungen. Eine bessere Ausbildung von Student*innen und Referendar*innen im Hinblick auf Reflektion von Privilegien (z.B. Anti-Bias-Schulungen).
4. Fachstellungnahme des 45. FJT zum Abstammungsrecht
Das Abstammungsrecht ist reformbedürftig. Die Pluralisierung von Familienmodellen sowie die auch rechtlich erfolgte Anerkennung geschlechtlicher Selbstbestimmung werden vom geltenden Recht nur unzureichend abgebildet. Dies geschieht zum Nachteil der Eltern und der Kinder in den jeweiligen Familien.
Erste Entwürfe für Neuregelungen liegen mit dem Diskussionspapier des Bundes-ministeriums für Justiz und Verbraucherschutz vom 13. März 2019 vor. Auch ein am 08. Mai veröffentlichter Entwurf zur Reform des Transsexuellengesetzes adressiert das Eltern-Kind-Verhältnis.
Die vorgeschlagenen Reformen reichen jedoch nicht weit genug.
Hinsichtlich einer Neuregelung des Abstammungsrechts sind drei wesentliche Punkte anzumerken:
1. Soziale Elternschaft
Soziale Elternschaft ist die wesentliche Bedingung für Familie und das Kindeswohl. Der genetischen Beziehung zum Kind sollte bei der Eltern-Kind-Zuordnung daher kein pauschaler Vor- oder Gleichrang vor der sozialen Elternschaft gegeben werden. Die starke Betonung genetischer Zusammenhänge schließt insbesondere Familien jenseits der heteronormativen Kleinfamilie aus. Stattdessen sollten die real gelebten Verantwortungsbeziehungen geschützt werden.
So ist davon abzusehen, wie im Diskussionspapier vorgeschlagen, die Anfechtungssperre der sozial-familiären Beziehung gemäß § 1600 Abs. 3 BGB für die ersten sechs Lebensmonate des Kindes aufzuheben. Dies bedeutet die Möglichkeit des dauerhaften Ausschlusses einer Abstammungsbeziehung zu dem sozialen Elternteil. Die sorgetragende Familie und die Autonomie der Personen, die gemeinsam Elternverantwortung übernehmen werden so nicht geschützt.
Eine Beschränkung der Regelungen auf medizinisch assistierte Befruchtungen entspricht nicht der Lebenswirklichkeit lesbischer Paare. Auch bei privaten Samenspenden sollte es die Möglichkeit geben, das Recht des Kindes auf Kenntnis seiner Abstammung zu wahren und zugleich die real gelebten Verantwortungsbeziehungen abzusichern.
2. Geschlechterinklusives Recht
Die geschlechtliche Selbstbestimmung von Menschen muss in allen Rechtsbereichen unterschiedslos gewahrt werden. Das bedeutet, dass es für inter, trans und nicht-binäre Personen adäquate Eintragungsmöglichkeiten in Geburtenregister und Geburts-urkunden ermöglicht werden müssen. Die im Diskussionspapier vorgeschlagene analoge Anwendung der abstammungsrechtlichen Regelungen auf inter Personen widerspricht evident der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts: Wenn der Staat an vergeschlechtlichen Eintragungen festhält, muss eine Option für jene jenseits der binären Ordnung geschaffen werden. Die Eintragung von trans Personen mit ihren abgelegten Namen und im ehemaligen Geschlecht stellt eine nicht zu rechtfertigende Verletzung des Offenbarungsverbots dar. Die Begriffe „Mit-Mutter“ oder „Co-Mutter“ eröffnen eine Hierarchie zwischen biologischer und sozialer Mutter und sind daher abzulehnen.
All diese Ungleichbehandlungen können durch die Einführung geschlechtsneutraler Begriffe wie „Elter“ oder „Elternteil“ beendet werden.
Das Geschlecht einer Person darf nicht über ihren Zugang und ihr Ausleben von Elternschaft entscheiden. So muss sichergestellt werden, dass lesbische Paare, aber auch alleinstehende Frauen gleichen Zugang wie heterosexuelle zu Samenbanken haben. Es muss endlich eine gesetzliche Grundlage her, die einen solchen Zugang sicherstellt. Insgesamt ist es dringend erforderlich, Zugang zu und Kostenfragen reproduktionsmedizinischer Maßnahmen in einem Fortpflanzungsmedizingesetz geregelt werden.
3. Multiple Elternschaft
Für Menschen, die einvernehmlich Verantwortung für Kinder übernehmen, sollte es möglich sein, ihre Sorgerechtsmodelle verbindlich abzusichern. Dies umfasst Fragen der Sorgeausübung, des Umgangs, Unterhalt und Erbrecht.
Begriffliche und systematische Trennung von romantischer (heterosexueller) (Zweier-)Beziehung und Elternverantwortung.
Fachstellungnahmen
Tatsächlicher und ungehinderter Zugang zu legalem Schwangerschaftsabbruch
Bezugnehmend auf die Fachstellungnahme des 42. FJT zu „Reproduktiven Rechten“ („Wir fordern, dass der von Schwangeren gewünschte Schwangerschaftsabbruch nicht strafbar ist.“) fordert der 43. FJT:
Fachstellungnahme zu Bekämpfung von Hassrede im Netz und Cyber Harassment
Hassrede und Cyber Harassment sind Formen digitaler Gewalt, die vielfach genutzt werden, um unliebsame Stimmen oder Angehörige marginalisierter Gruppen aus dem digitalen öffentlichen Raum zu verdrängen. Es handelt sich um strukturelle Diskriminierung und Gewalt, welche nicht nur Einzelne, sondern auch die Demokratie gefährden. Daher bedarf es vor allem entsprechender Fortbildungen für Justiz, Staatsanwalt-schaften und Polizei in Bezug auf alle betroffenen Rechtsgebiete.
Strafrechtliche Maßnahmen
Grundsätzlich enthält das Strafgesetzbuch hinreichende Tatbestände zur Bekämpfung digitaler Gewalt (Volksverhetzung, Aufruf zu Straftaten, Bedrohung, Nachstellung, Beleidigung, Verleumdung, Verbreitung von Gewaltpornographie, Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs etc). Diese werden aber kaum angewendet. Strafverfolgungsorgane dürfen Hassrede und Cyber Harassment nicht verharmlosen. Um wirkungsvoll gegen digitale Gewalt vorzugehen, müssen sie auch die diskriminierende Dimension erkennen und dementsprechend handeln. Die Verfolgung von Hate Speech oder Cyber Harassment liegt regelmäßig im öffentlichen Interesse.
Der Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 5. April 2017
Der Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Verbesserung der Rechtsdurchsetzung in sozialen Netzwerken vom 5. April 2017 will die Betreiber*innen sozialer Netzwerke durch sehr hohe Bußgeldandrohungen bewegen, strafbare Inhalte unverzüglich zu löschen. Dies ist ein Schritt in die richtige Richtung, deckt aber nur einen Bruchteil der Problematik ab.
Zivilrechtliche / medienrechtliche Ansprüche
Staatlich durchzusetzendes Straf- und Ordnungswidrigkeitenrecht sind nur ein mögliches rechtliches Mittel. Zusätzlich braucht es Recht, welches von den Betroffenen selbst mobilisiert werden kann. Das aktuelle Medienrecht fokussiert auf Fake News und Verletzungen des Persönlichkeitsrechts, strukturelle Diskrimi-nierung wird nicht adressiert. Betroffene brauchen effektive Ansprüche auf Sperrung, Löschung, Unterlassen, Richtigstellung, Schadensersatz und Schmerzensgeld. Sowohl die Personen, die digitale Gewalt verbreiten, als auch diese tolerierende Betreiber*innen muss eine Nachverfolgungspflicht bezüglich rechtswidriger Angriffe und Photos treffen. Zu denken wäre ferner an einen antidiskriminierungsrechtlichen Anspruch, der auch verschuldensunabhängige Ansprüche („bezweckt oder bewirkt“) umfassen würde.
Rechtsdurchsetzung bzw. Rechtsmobilisierung
Die Haftungsprivilegien für Betreiber*innen und Intermediäre sind auf ein sinnvolles Maß zu reduzieren, welches garantiert, dass das Internet ein Freiraum für alle bleibt.
Der im Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 5. April 2017 vorgesehene Auskunftsanspruch hilft Betroffenen, ihre Ansprüche durchzusetzen. Er ist aber nur unter einem effektiven Gerichtsvorbehalt verfassungsgemäß und vor Missbrauch geschützt.
Hassrede und Cyber Harassment sind weit überwiegend Formen struktureller Diskriminierung. Die Rechtsdurchsetzung kann daher nicht allein den betroffenen Individuen aufgebürdet werden. Es braucht verschiedene Formen der Verbandsklagemöglichkeiten für Antidiskriminierungsverbände wie gewillkürte Prozessstandschaft, Einziehungsklage, objektive Rechtsdurchsetzung etc. Diese können sich an bestehenden kollektiven Prozessrechten von Verbraucherschutzverbänden orientieren.
Es braucht einen feministischen Rechtshilfefonds, der u.a. durch Bußgelder aus einschlägigen Ordnungs-widrigkeitenverfahren finanziert wird.
Jenseits des Rechts
Rechtliche Maßnahmen gegen Hassrede und Cyber Harassment sowie tatsächliche Rechtsdurch-setzung sind weiter zu verbessern. Staatliche Organe müssen dieses Problem ernst nehmen; aber auch die zivilgesellschaftliche Rechtsmobilisierung ist zu stärken. Trotzdem bleiben nicht-rechtliche, zivilgesellschaftliche Strategien und Methoden unabdingbar. Wer sich für weniger Diskriminierung im Netz einsetzt, braucht Unterstützung und Anerkennung.
Fachstellungnahme zur Sexualstrafrechtsreform
Es muss sichergestellt werden, dass die Sexualstrafrechtsreform – und der damit verbundene Paradigmenwechsel – in der strafrechtlichen Praxis und im gesellschaftlichen Umgang mit sexualisierter Gewalt wirksam umgesetzt wird.
Dafür ist insbesondere eine verstärkte Öffentlichkeitsarbeit zur Sexualstrafrechtsreform, auch durch staatliche Stellen, notwendig. Diese sollte u.a. durch öffentliche Kampagnen, Aufklärung, qualifizierte sexualpädagogische Angebote in Schulen sowie der Kinder- und Jugendarbeit und durch die Unterstützung entsprechender Projekte erfolgen.
Erforderlich ist ferner eine flächendeckende Bereitstellung verpflichtender Fortbildungsmaßnahmen für Justiz, Staatsanwaltschaften und Polizei, welche die Angehörigen der Strafverfolgungsorgane befähigt, Geschlechterstereotype und Vergewaltigungsmythen zu reflektieren und professionell mit Tatverdächtigen wie Opferzeug*innen umzugehen. Ferner sind die notwendigen personellen Ressourcen in der Strafverfolgung bereit zu stellen.
Voraussetzung der Begutachtung von sexualisierter Gewalt Betroffener muss sein, dass die begutachtende Person professionelle Kompetenzen im Umgang mit traumatisierten Personen aufweist.
Nebenklagerechte wie bspw. das Akteneinsichtsrecht werden zunehmend durch die Rechtsprechung beschnitten, vielerorts hat sich (angesichts der mangelnden Revisionsfähigkeit entsprechender Rechtsbrüche) insoweit eine bundesgesetzwidrige Praxis eingeschlichen, die unverzüglich zu unterbinden ist.
Der Anspruch auf psychosoziale Prozessbegleitung ist auch erwachsenen Betroffenen von Sexualdelikten vorbehaltlos zu gewähren. Eine psychosoziale Prozessbegleitung ersetzt keine unbehinderte Nebenklage.
Damit die Sexualstrafrechtsreform Rechtswirklichkeit wird, bedarf es ferner der finanziellen und personellen Unterstützung von derzeit völlig überlasteten Hilfesystemen sowie zusätzlicher Angebote in der Täterarbeit und vor allem im Bereich der Prävention.
Die Istanbul-Konvention ist vollständig umzusetzen.
Resulutionen
1. Flucht und Geschlecht
Das Recht auf ein faires Verfahren und das Recht auf menschenwürdige Existenzsicherung sind im Fall jeder asylsuchenden Person zu wahren. Dennoch ist der Zugang zum Asylverfahren (gerade) für geflüchtete Frauen, Inter- und Transpersonen mit Gewalt, Eingriffen in die (sexuelle) Selbstbestimmung und Lebensgefahr verbunden.
Wir fordern daher:
Zudem sprechen wir uns dezidiert gegen die Instrumentalisierung feministischer Anliegen für rassistische Hetze aus.
2. Sexualstrafrechtsreform
Der 42. FJT fordert eine Reform des Sexualstrafrechts, die die Vorgaben der Instanbul-Konvention erfüllt, insbesondere einen Grundtatbestand, der entsprechend Art. 36 Istanbul-Konvention jede vorsätzlich begangene nicht einverständliche sexuelle Handlung an einer anderen Person sanktioniert. Das Einverständnis muss als Ergebnis des freien Willens der Person erteilt werden, wobei die Freiwilligkeit unter der Berücksichtigung der jeweiligen Begleitumstände zu beurteilen ist, ohne Menschen mit Behinderung zu diskriminieren.
Fachstellungnahmen
AG 3.1 Abschaffung des Verschuldensprinzips – Deutschland als Vorbild?
In Österreich soll zwischen Eheleuten eine verpflichtende Aufteilung der während der Ehe erwirtschafteten Pensionsanwartschaften eingeführt werden. Die jeweiligen Guthaben sollen bereits während der Ehe sichtbar gemacht werden.
Das Verschuldensprinzip beim nachehelichen Unterhalt soll in Österreich abgeschafft werden.
In Österreich soll ebenso wie in Deutschland der befristete Betreuungsunterhalt zwischen Eltern unterschiedslos auch für nicht verheiratete Eltern gelten.
AG 4.1 Sexuelle Selbstbestimmung wirksam umsetzen
Wir fordern zur wirksamen Umsetzung von Art. 36 Instanbul Konvention eine Reform des Sexualstrafrechts, die folgende Kriterien erfüllt:
Weiter fordern wir:
AG 4.2 Opferrechte im Strafverfahren
Opferrechte im Strafverfahren sollen eine Bringschuld des Staates sein, keine Holschuld (Rechte nur auf Antrag) des Opfers.
Psychosoziale Prozessbegleitung in Gerichtsverfahren, in denen ein strafrechtlich relevanter Sachverhalt eine maßgebliche Rolle spielt, unabhängig davon, ob eine Strafanzeige vorgeschaltet war.
Psychosoziale Prozessbegleitung für Angehörige von Opfern schwerer Straftaten, die Zeug_innen der Tat waren und für Dritte, die Zeug_innen von Tötungsdelikten waren.
AG 5.1 Emanzipatorische Kraft des individuellen Rechtsanspruchs
Nach der Beweislastregelung des österreichischen Gleichbehandlungsgesetzes muss eine Person, die sich diskriminiert fühlt, den Diskriminierungstatbestand glaubhaft machen. Der/die Arbeitgeber_in oder Dienstleistungsanbieter_in muss dann beweisen, dass es wahrscheinlicher ist, dass ein anderes Motiv als das durch das Gleichbehandlungsgesetz verpönte für die unterschiedliche Behandlung, beispielsweise die unterschiedliche Bezahlung, ausschlaggebend war.
Das Unionsrecht sieht in den Richtlinien eine Beweislastverschiebung vor. Aus der EuGH Judikatur geht hervor, dass die Beweislast umgekehrt werden soll, wenn es im Verfahren zur Kausalitätsprüfung des Zusammenhangs einer Benachteiligung zu einem konkreten Diskriminierungsgrund kommt. Der Beklagte sollte in diesem Fall objektive Gründe vorbringen, um den Diskriminierungsverdacht auszuräumen. Diskriminierung ist als eine „unreflektierte Reaktion“ auf eine Person anhand eines Vorurteils die Personengruppe betreffend zu sehen. Die zentrale Verfahrensfrage ist es daher, die kausale Verbindung zwischen dem geschützten Merkmal und dem benachteiligenden Verhalten herzustellen, weil diese ja zumeist verdeckt ist und das für den/die Kläger_in oft die unüberwindbare Hürde ist. Das Unionsrecht verfolgt somit den Zweck einen wirksamen Schutz durch die Anordnung der Beweislastverlagerung herzustellen und geht von einem Anscheinsbeweis aus.
In der österreichischen Regelung wurde in Umsetzung das Beweismaß herabgesetzt, es genügt also eine Glaubhaftmachung. Verlangt wird allerdings ein Indizienbeweis. Dabei findet kein zweistufiges Verfahren statt, also dass der/die Kläger_in zunächst die unsachliche oder willkürliche Ungleichbehandlung darlegen würde und sich danach der Beklagte erklären müsste. Beim Indizienbeweis wird verlangt, dass der/die Kläger_in zusätzlich zu der willkürlichen Ungleichbehandlung Indizien zum Kausalzusammenhang zum Diskriminierungsgrund darlegt, damit die Hürde zur Glaubhaftmachung gelingt. Aus der Sicht der Arbeitsgruppe erscheint diese Hürde im Lichte der grundsätzlich vorgesehenen Beweislasterleichterung zu hoch und führt zu einer „Verschuldensprüfung durch die Hintertüre“. Grundsätzlich ist in der schadenersatzrechtlichen Prüfung einer Diskriminierung gerade kein Verschulden vorgesehen. Die Indiziensuche verlangt aber geradezu eine Art „Böswilligkeit“ oder Diskriminierungsabsicht beim/bei der Beklagten festzumachen. Vor allem hinsichtlich der österreichischen Beweislastregelungen werden Verbesserungen verlangt. Es wird gefordert, vom Indizienbeweis abzugehen und einen Anscheinsbeweis (prima facie) vorzusehen.
Zudem stellt die Arbeitsgruppe fest, dass Information, Schulung und Bewusstseinsbildung in Bezug auf typische „Diskriminierungsmuster“ in der Jurist_innenausbildung fehlen und es mehr Praxisbezug braucht.
Wir fordern eine Verbesserung des individuellen Rechtsschutzes im Anti-Diskriminierungsrecht durch
AG 8.1 Geschlechter(de)konstruktionen auf der Flucht
Wir fordern:
AG 8.2 Schutz und Selbstbefähigung für geflüchtete Frauen
◦ getrennte Unterbringung
◦ gewaltpräventive Gestaltung der sanitären Einrichtungen in allen Einrichtungen
◦ Selbstbestimmte Versorgung (va Essen, Kleidung)
◦ Recht auf den Auszug in eine Privatwohnung
◦ Gewaltschutz
▪ Gewalttäter werden auch aus Flüchtlingsunterkünften konsequent wegverwiesen
▪ Zusätzlich hat die von Gewalt betroffene Person das Recht auf ein sicheres Wohnen an einem Ort ihrer Wahl, zB in einem Frauenhaus, bei aufnahmebereiten Verwandten oder in einer privaten Unterkunft
◦ Schaffung entsprechender Einrichtungen für Frauen*, menschenrechtskonforme Standards für die Unterbringung
◦ Wahrung des Rechts auf Wahlfreiheit für Frauen*
◦ staatliche Kontrolle der Einrichtungen und Einhaltung der Standards
◦ Sicherung der Partizipation der Bewohner*innen der Einrichtungen an der Ausgestaltung des Zusammenlebens (zb Hausordnungen)
◦ Sicherung von wirksamem Zugang zu Gerichten und Beschwerdemöglichkeiten
▪ Information und Beratung in der Muttersprache
▪ Unabhängige Beschwerdestellen für alle Einrichtungen, die Abhilfe schaffen können
▪ Niederschwellige Verfahren
▪ Anonyme Beschwerdemöglichkeiten
Forum 2 Reproduktive Rechte
Wir fordern, dass der von Schwangeren gewünschte Schwangerschaftsabbruch nicht strafbar ist.
Fachstellungnahmen
Fachstellungnahmen
AG 1:SGB XIII – Finanzierung des Hilfesystems bei Gewalt
Wir fordern, dass
AG 3: Digitale Gewalt und Persönlichkeitsrechtsverletzungen im Netz
1. Es braucht mehr Gewaltschutz in der digitalen Welt durch ein international verankertes Datenschutzrecht für personenbezogene Daten.
Im digitalen öffentlichen Raum nimmt die Diskriminierung, Bedrohung und Gewalt gegen Frauen zu, entzieht sich zugleich nationalstaatlichen Sanktionen und verstärkt noch die Gewalt gegen Frauen im realen öffentlichen Raum. Entsprechend stark ist der Datenschutz in der EU-Datenschutzverordnung zu gestalten und in alle Verhandlungen auf europäischer und internationaler Ebene umfassend und zwingend einzubeziehen.
2. Es braucht mehr Bildungs- und Infrastrukturmaßnahmen im Bereich digitale Mediennutzung und Grundversorgung der Bevölkerung mit barrierefreiem und netzneutralem Zugang zu digitalen Medien. Es braucht medien- und diskriminierungsgeschultes Personal bei Polizei, in Behörden und in Schulen.
In der Gesellschaft fehlt es an einem Bewusstsein für die Kommerzialisierungs-prozesse und an Transparenz der Datennutzungen. Insbesondere fehlt es auch an der Kompetenz, mit eigenen Daten und insbesondere mit eigenen Bildern verantwortungsvoll umzugehen – in dem Bewusstsein, dass diese im Internet nur sehr schwer wieder zu löschen sind. Neben Investitionen in die digitale Infrastruktur im Sinne einer Grundversorgung mit Internetzugang braucht es daher Investitionen in die Grundbildung der Gesellschaft, und insbesondere von Mädchen und Frauen, im Umgang mit digitalen und mobilen Medien.
3. Die Möglichkeiten, gegen Cybermobbing vorzugehen, sowie die Kenntnis der existenten Möglichkeiten müssen verbessert werden, insbesondere für die davon betroffenen Mädchen und Frauen.
Eines der vielen Hindernisse beim Vorgehen gegen Cybermobbing und digitale Bedrohungen liegt im Erfordernis der Offenlegung des eigenen Namens (und damit der eigenen Identität) als Klägerin. Dies kann die Gefahr noch verschärfen. Hier sind Möglichkeiten zu schaffen, die eigene Identität vor dem Mobber oder Stalker geheim zu halten. Ebenso braucht es Möglichkeiten, die eigene Adresse im ViSdP nicht angeben zu müssen, sondern sie z.B. bei einer Kanzlei oder einer öffentlichen Stelle zu hinterlegen, der dann stattdessen Klagen zugestellt werden könnten. Von digitaler Bedrohung, Gewalt und Stalking betroffene Frauen, insbesondere feministische Bloggerinnen, haben zudem oft Schwierigkeiten, Zugang zu Rechtsschutz zu erhalten, weil sie ihre Rechte nicht kennen. Wir fordern Anwältinnen, die in diesem Bereich arbeiten, auf, sich zu vernetzen, Frauen über Rechtsschutz zu informieren und so mehr Sichtbarkeit zu schaffen. Forschung und Aufklärung in diesem Bereich müssen auch verstärkt mit öffentlichen Mitteln unterstützt werden.
4. Wir können mit Gewalt gegen Frauen im virtuellen Raum umgehen wie mit Gewalt im realen öffentlichen Raum.
Viele Frauen sind aktiv in den digitalen Medien und bilden eine feministische Gegenöffentlichkeit auch im Internet. Entsprechend müssen wir also bewusst Raum einnehmen und dabei durch Verschlüsselungstechniken und Beschränkungen die eigene Person absichern und bewusst Aktionen zur Benennung/Sichtbarkeit steuern.
AG 4: Frauenrechte als Unternehmensverantwortung. Überlegungen zur Rechtsdurchsetzung am Markt
Wir fordern:
AG 5: Sexismus in der Werbung
Wir fordern:
AG 11: Das AGG vor Gericht - Probleme und Interventionsstrategien
Forum 1: Reproduktionsautonomie – Reproduktionszwänge
Wir fordern:
Forum 2: Sexarbeit, Zwangsprostitution, Menschenhandel – Welche rechtlichen Regelungen braucht es?
Wir lehnen Zwangsuntersuchungen ab und fordern eine flächendeckende, anonyme und kostenlose, akzeptierende Beratung, Untersuchung und ärztliche Behandlung von allen Personen in der Sexarbeit.
Forum 3: (Rechts-)Situation und soziale Absicherung von Arbeiterinnen in Privathaushalten
Die Arbeit in Privathaushalten ist eine gesellschaftliche Aufgabe und ist angemessen anzuerkennen.
Deshalb fordern wir:
Fachstellungnahmen
Rrom_nja in Deutschland – Visumsfreiheit oder frei von Rechten
Aufgrund der historischen Verantwortung Deutschlands, des an den Roma und Sinti begangenen Völkermords und der andauernden rassistischen Stigmatisierung und strukturellen Diskriminierung aus den Herkunftsländern fordern wir:
Fachstellungnahme der AG „Rrom_nja in Deutschland“
Sorgerechtsverfahren – Sorgerecht und Sorgepflicht
Das heißt:
- Kein Wegfall der Amtsermittlung
- Anhörung der Beteiligten sowie der Kinder
- positive Kindeswohlprüfung
- kein Schnellverfahre
- keine Wertung des Schweigens der Kindesmittel als Zustimmung.
Fachstellungnahme der AG Sorgerecht - Sorgepflicht
Gewalt gegen Frauen mit Behinderung
Die Studie zu „Lebenssituation und Belastung von Frauen mit Beeinträchtigung und Behinderungen in Deutschland“ zeigt, dass Frauen mit Behinderung überproportional betroffen sind von physischer, psychischer, sexualisierter Gewalt und struktureller Diskriminierung. Vorhandene Unterstützungssysteme sind nicht niedrigschwellig zugänglich, nicht zielgruppenorientiert, nicht barrierefrei im weiteren Sinn. Außerdem weisen die rechtlichen Schutzmechanismen Lücken auf.
Deshalb fordern wir:
Fachstellungnahme der AG Gewalt gegen Frauen mit Behinderung.
Zur christlichen Dienstgemeinschaft
In Deutschland arbeiten ca. 1,3 Millionen Menschen bei Gesundheits- und Sozialdienstleistern, die den beiden großen christlichen Kirchen zugeordnet werden. Obwohl die meisten Einrichtungen aus Steuergeldern oder Sozialversicherungsbeiträgen finanziert werden, werden Mitarbeiter_innen unter Berufung auf das Kirchenprivileg und die daraus abgeleitete Dienstgemeinschaft diskriminiert, z.B. im Hinblick auf Religion, Herkunft, sexuelle Identität oder Beziehungs- und Familiengestaltung. Entsprechen der Berufsstereotypen arbeiten deutlich mehr Frauen (80%) im Sozial- und Gesundheitssektor (ausgenommen natürlich in den Leitungsebenen).
Wir fordern daher:
Fachstellungnahme der AG „Die christliche Dienstgemeinschaft als Ausdruck institutioneller Religionsfreiheit oder als Diskriminierung wegen der Religion, des Geschlechts und der Ethnie“
Internationale und europäische Menschenrechte
Internationale und europäische Menschenrechte und menschenrechtliche Verfahren (CEDAW etc.) sind als integrale Bestandteile sowohl in der juristischen Ausbildung – Universität, Rechtsreferendariat – als auch in verpflichtenden Fortbildungen für Richter_innen, Staatsanwält_innen, Rechtsanwält_innen und weiteren Rechtsanwender_innen zu verankern. Die juristische Aus- und Fortbildung ist um Sensibilisierungsmaßnahmen zu Ausschließungsmechanismen und Machtverhältnissen, u.a. Sexismus, Rassismus zu ergänzen. Zugängliche Informationen über und zu Menschenrechten und menschenrechtlichen Verfahren (internationale Abkommen, Spruchpraxis der Kontrollorgane etc.), sind insbesondere in den einschlägigen Standartwerken und Datenbanken bereitzustellen.
Fachstellungnahme der AG „Anwaltschaft für Menschenrechte und Vielfalt“ des 39.FJT
Zum Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz:
Die Aufnahme einer echten Verbandsklage in das Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG), sowie eine gesetzliche Prozessstandschaft für Verbände. Notwendig ist darüber hinaus die Schaffung einer niedrigschwelligen, unabhängigen und flächendeckenden Beratungsinfrastruktur, gestützt durch einen Rechtshilfefond.
Fachstellungnahme des Forums Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz
Rechte intersexueller Menschen anerkennen
Die Existenz intersexueller Menschen ist unstrittig, ebenso wie die intersexuelle Identität. Der FJT fordert deshalb:
Fachstellungnahme der AG Selbstbestimmungsrecht im Personenstandsgesetz
Effektive rechtliche Bekämpfung sexualisierter Gewalt
Wie in Norwegen sollte auch nach deutschem Recht neben der vorsätzlichen auch die fahrlässige Vergewaltigung und sexuelle Nötigung strafbar sein.
Der Grundtatbestand von § 177 StGB ist dahin zu ändern, dass sexuelle Handlungen gegen oder ohne den Willen der betroffenen Person ausreichen. Gewalt, Drohung oder das Ausnutzen einer schutzlosen Lage sind als Tatbestandsmerkmale zu streichen.
Für die Strafverfolgung von Sexualdelikten sind bei Polizei, Staatsanwaltschaften und Gerichten spezielle Zuständigkeiten vorzusehen.
An der Strafverfolgung von Sexualdelikten beteiligte Angehörige von Polizei und Justiz unterliegen einer entsprechenden Fortbildungspflicht und sollen sich an Coachings beteiligen und regelmäßiger Supervision unterziehen.
Die Zulässigkeit der Nebenklage ist in Verfahren gegen Jugendliche auch bei Vergehen vorzusehen, nicht nur bei Verbrechen.
Die Rechte der verletzten Person sind im Strafverfahren wegen Sexualdelikten praktisch wirksam zu machen. Bestehende Gesetze sind effektiv anzuwenden.
Verfahren wegen Sexualdelikten müssen beschleunigt werden, sowohl auf der Ebene der Staatsanwaltschaft als auch der Ebene der Gerichte.
Verletzte sind von Beginn des Ermittlungsverfahrens an angemessen über ihre Rechte zu informieren.
Es ist ein Rechtsanspruch auf kostenlose anonyme Spurensicherung gesetzlich vorzusehen.
Neben der Nebenklage sollte es einen Rechtsanspruch auf psycho-soziale Prozessbegleitung für Verletzte in Strafverfahren wegen Sexualdelikten geben.
Die Tendenz der Gerichte, in Strafverfahren wegen Sexualdelikten fast ausnahmslos aussagepsychologische Gutachten über die Verletzten einzuholen, statt selbst in der Beweiswürdigung tätig zu werden, besorgt. Überdies genügen diese Gutachten oft nicht mehr den aktuellen wissenschaftlichen Standards; bspw. beziehen sie keine Erkenntnisse der Traumaforschung mit ein.
Die Auslegung von § 177 StGB in seiner derzeitigen Fassung ist zu ändern.
Vorhergehende Misshandlungen, auch wenn sie nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit sexuellen Übergriffen stehen, schaffen ein Klima der Angst, das eine Drohung iSv § 177 I Nr. 2 StGB darstellt.
Das Vorliegen einer schutzlosen Lage ist aus subjektiver Perspektive festzustellen.
Eine sog. intime Vorbeziehung schließt das Vorliegen des Regelbeispiels aus § 177 II StGB (Vergewaltigung) nicht aus.
Fachstellungnahme des Forums „Effektive rechtliche Bekämpfung sexualisierter Gewalt“
Beschluss über eine neue Einladungspolitik des Feministischen Juristinnentages
(39. FJT, Berlin 2013)
Der FJT ist offen für alle Frauen, alle, die sich als Frauen fühlen und alle, die sich keinem der herkömmlichen Geschlechter zuordnen können oder wollen.
Fachstellungnahmen
Bremen den 13. Mai 2012, Beschlüsse des Abschlussplenums
Eingebracht von der AG 7 „Auswirkungen der FGG-Reform auf das Sorge- und Umgangsrecht“:
Auf dem Hintergrund, dass nach § 3 GewSchG das Gewaltschutzgesetz keine Anwendung findet, wenn die Gewalt vom Sorgeberechtigten ausgeht, die Eingriffsschwelle des § 1666 BGB aber wesentlich höher liegt, fordert der FJT:
Aus aktuellem Anlass hat eine Gruppe im Zwischenplenum folgende Resolution erarbeitet:
Fachstellungnahmen
Frankfurt den 08.Mai 2011, einmütige Beschlüsse des Abschlussplenums
„Bei Vergewaltigungen raten wir von Strafanzeigen ab !“ Aktuelle Themen der Nebenklage
Wir stellen eine veränderte öffentliche Betrachtung von Vergewaltigungsfällen fest, vergewaltigten Frauen mir mit sich verstärkenden Vorbehalten begegnet. Verstärkt wird die „falsche Verdächtigung“ thematisiert, die „vorsätzliche oder grob fahrlässige“ falsche Aussage. Die Behauptungen werden ohne repräsentatives Zahlenmaterial, ohne dass eine Untersuchung erfolgt ist, erhoben.
Dem müssen wir mit einer verstärkten, zielgerichteten Öffentlichkeitsarbeit entgegenwirken. Einer Öffentlichkeitsarbeit, die auch Richterinnen und Richter erreicht.
Wir haben diskutiert, ob die Bildung von auf Sexualdelikte spezialisierte Strafkammern und verpflichtende Fortbildungen von Richterinnen und Richter zu der besonderen Thematik „Sexualdelikte/Vergewaltigung“ zu einer verschärften, d.h., genaueren Betrachtung der Problematik und sachgerechten Behandlung dieser Verfahren im Strafprozess beitragen kann, um vorschnellen (freisprechenden) Urteilen vorzubeugen.
Wir meinen auch, dass eine weitergehende Professionalisierung der Beweissicherung nötig ist. Ein erster Anfang ist u.a. in Hessen mit (ärztlichen) Untersuchungsfragebögen zur Befunderhebung gemacht. Ein Erfassungsbogen (mit knapp 200 Fragen), der nach jahrelanger Vorarbeit der Frauennotrufe, in Hessen über das Ministerium an Krankenhäuser und Arztpraxen ausgegeben wurde und verpflichtend genutzt werden soll, um „Beweismittel und Spuren“ objektiv und gerichtsverwertbar zu sichern.
Von einer weitergehenden Professionalisierung der Beweissicherung versprechen wir uns eine gesicherte, unantastbare Beweislage. Es wäre auch daran zu denken, die PDVs ( Polizei-Dienstvorschriften) entsprechend anzupassen.
Vor einer Professionalisierung der psychosozialen Begleitung versprechen wir uns, eine – soweit in den Umständen möglich – eine psychisch-stabile Zeugin, auf deren Aussageverhalte nicht eingewirkt wurde. Und die nicht durch die Betreuung zusätzlich verängstigt wird.
Wir fordern:
Annahme: ja mit 2 Enthaltungen
Resolution Forum 2 – Gender Pay Gap
Der 37. feministische Juristinnentag fordert:
Arbeitsarrangements und Rückkehrrechte: Neue Impulse durch die Mutterschutz- und Elternzeitrichtlinie zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf?
Der 37. FJT fordert den Gesetzgeber auf, die EU-Richtlinie 2010/18 zum Elternabend fristgerecht umzusetzen und dabei insbesondere Möglichkeiten zur Durchsetzung von Arbeitsarrangements unabhängig von der Arbeitszeitsreduzierung zu schaffen.
Annahme mit 3 Enthaltungen
Fachstellungnahmen
zur aktuellen Diskussion um Gewalt in Institutionen, Köln den 2. Mai 2010, einstimmiger Beschluss des Abschlussplenums
Vorbemerkungen
Vor über 30 Jahren hat die Frauenbewegung eine Diskussion über interpersonale Machtverhältnisse und Gewalt angestoßen. Diese gewinnt aufgrund der Vorkommnisse in der Odenwaldschule und kirchlichen Einrichtungen wieder an Aktualität und Richtigkeit.
Betroffen von patriarchalen, männerdominierten Machtverhältnissen sind demnach nicht nur Frauen, sondern auch Kinder. Eine besondere Gefahr gewalttätiger Übergriffe besteht in familiären und hierarchischen Abhängigkeitsverhältnissen, wo 90% der sexualisierten Gewalttaten stattfinden – ganz überwiegend mit Mädchen als Opfer der Übergriffe.
Als Antwort auf diese Erkenntnisse und Erfahrungen sind schon vor 30 Jahren Frauen- und Mädchenberatungsstellen gegründet und institutionalisiert worden, die über wertvolles Fachwissen und Kompetenzen bei der Prävention von und der Intervention gegen Gewalt verfügen. Diese Ressource muss in der jetzigen Diskussion genutzt und gestärkt werden.
Wir fordern, dass diese erfahrenen Beratungsstellen dauerhaft finanziell abgesichert und bedarfsgerecht ausgebaut werden. Deren Fachfrauen sind am Runden Tisch prominent zu beteiligen. Sie sollten vom „Runden Tisch gegen Kindesmissbrauch“ beauftragt werden, Mindeststandards für öffentlich geförderte Einrichtungen zu entwickeln.
Darüber hinaus fordern wir:
1.
Ein subjektiver Rechtsanspruch der Betroffenen auf die notwendige und gewünschte Unterstützung muss rechtlich etabliert werden
Gedacht ist zum Beispiel an ein Recht auf:
2.
Zur Finanzierung dieses Rechtsanspruchs wird ein Fonds eingerichtet,
der gespeist wird aus:
3.
Institutionelle Garantien sind zu formulieren
Institutionen, in denen ein besonderes Risiko des Machtmissbrauchs besteht, müssen geeignete Maßnahmen ergreifen, um Gewalt zu verhindern und eine frühzeitige und umfassende Aufklärung von Übergriffen zu ermöglichen. Denkbare Formen sind:
Rotes Telefon, Ombudspersonen, Einbeziehung von erfahrenen Beratungsstellen, Dokumentation der ergriffenen Maßnahmen.
Die Institutionen müssen durch Vorgaben für die Qualifikation des Personals, Auflagen bei der Betriebserlaubnis, die Heimaufsicht sowie Finanzierungsvorbehalte bei Zuwendungen und Leistungsverträgen kontrolliert werden.
4.
Aus- und Weiterbildungscurricula müssen das Thema Gewalt aufgreifen
Verbindliche Aufnahme von Erkenntnissen über sexuelle und körperliche Gewalt sowie Vermittlung von Handlungskompetenz in Aus- und Fortbildung von Polizei, Justiz sowie sozialen, pädagogischen und medizinischen Berufen.
5.
Forderungen zum Strafverfahren und Strafrecht
Korrektur nachteiliger Entwicklungen z.B.:
Resolutionen
Inklusion statt Integration
Der Nationale Integrationsplan, dessen 1. Fortschrittsbericht dieses Jahr erschien, basiert auf zwei problematischen Konzepten: Nation und Integration. Beide Begriffe setzen ein homogenes, statisches Konzept von Mehrheitsgesellschaft voraus und formulieren im Ergebnis eine Bringschuld der Migrantinnen und Migranten, ohne den Rassismus und Sexismus als gesamtgesellschaftliche Strukturmechanismen zu thematisieren.
Gleichzeitig werden Migrantinnnen und Migranten als anders und spezifisch problembehaftet homogenisiert und stigmatisiert, z.B. durch die Form der Thematisierung von Gewalt gegen Frauen in Privatbeziehungen. Wie die repräsentative Gewaltstudie der Bundesregierung aus diesem Jahr aber zeigt, ist dies ein Phänomen, das in allen gesellschaftlichen Gruppen und Schichten vorkommt. Es kann daher nur darum gehen, auf der Basis von Menschenrechten die gleiche Teilhabe und Erweiterung von Handlungsmöglichkeiten aller Frauen (und Männer) in dieser Gesellschaft zu erreichen und Barrieren zu beseitigen.
Dies bedeutet für uns, anhand folgender Rechte diese Forderungen zu formulieren:
Reform des Transsexuellengesetzes
Aus Anlass der anstehenden Reform des Transsexuellengesetzes kritisiert der 35. Feministische Juristinnentag die Pathologisierung von Lebensweisen und Geschlechtsidentitäten, die von herrschenden Geschlechtsnormen abweichen. Krank sind nicht die Personen, die nach ihren eigenen Entwürfen leben wollen, sondern Verhältnisse, die nicht über zwei Grundmodelle hinausdenken können. Wir weisen solche binären Logiken zurück und kritisieren die massiven Einschnitte in Körper, Persönlichkeitsrechte und die sexuelle Selbstbestimmung, um eine solche Geschlechterordnung aufrecht zu erhalten. Es reicht keinesfalls aus, „Betroffenengruppen“ in die bestehende Geschlechterordnung „toleranzpluralistisch“ zu integrieren und beim Erstreiten eines weniger martialischen Transsexuellengesetzes stehen zu bleiben. Emanzipatorische Ansätze verfolgen das Ziel, Normierungslogiken und mit solchen Differenzziehungen verbundene Ein/Ausgrenzungsstrukturen zu überwinden. Denn die Art und Weise, wie ich mich entscheide, mein Leben zu gestalten, findet in machtvollen gesellschaftlichen Rahmenbedingungen statt. Diese einfach auszublenden und eine individuell verantwortete Selbstbestimmung auszurufen, greift zu kurz.
Ziel ist es, rechtliche und gesellschaftliche Verhältnisse zu schaffen, in denen Menschen real und nicht nur auf dem Papier und im Rahmen von zwei starren Modellen ihre Lebensweise selbst bestimmen können – das ist unter einem gehaltvollen Persönlichkeitsrecht zu verstehen.
Internetdatenbank mit Urteilen zum AGG
Der 35. Feministische Juristinnentag fordert die Bundesregierung auf, in einer zentralen und barrierefrei zugänglichen Datenbank alle rechtlichen Grundlagen zum Schutz vor Diskriminierung und alle hierzu ergangenen Entscheidungen zu veröffentlichen und diese allgemein bekannt zu machen.
Als Vorbild könnte die entsprechende Internetplattform der Gleichstellungsbüros in der Deutschschweiz dienen: www.gleichstellungsgesetz.ch.